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Israel Shahak:
Jüdische Religion,
Jüdische Geschichte
(Book online)
30
 


Der moderne Antisemitismus

Der Charakter der antijüdischen Verfolgungen erfuhr eine radikale Änderung in der modernen Zeit. Mit der Entstehung des modernen Staates, der Abschaffung der Leibeigenschaft und der Erlangung minimaler Individualrechte schwand notwendigerweise die sozio-ökonomische Funktion der Juden, gleichzeitig aber auch die Macht der jüdischen Gemeinde über ihre Mitglieder. Die einzelnen Juden gewannen in immer größerer Zahl die Freiheit, sich in die allgemeine Gesellschaft ihrer Länder einzugliedern. Natürlich bewirkte dieser Übergang heftige Reaktionen sowohl seitens der Juden (und insbesondere ihrer Rabbiner) und den Elementen in der europäischen Gesellschaft, die eine offene Gemeinschaft ablehnen und für die der Prozeß der Befreiung des Individuums ein Fluch bedeutete.

Der moderne Antisemitismus erscheint zunächst in Frankreich und Deutschland und dann in Rußland kurz nach 1870. Im Gegensatz zu der unter jüdischen Sozialisten vorherrschenden Meinung glaube ich nicht, daß man seine Anfangsgründe und die nachfolgende Entwicklung bis zum heutigen Tag dem "Kapitalismus" zuschreiben kann. Im Gegensatz dazu meine ich, daß die erfolgreichen Kapitalisten in allen Ländern bemerkenswerterweise im ganzen keinen Antisemitismus hegten, und in den Ländern, in denen sich der Kapitalismus zuerst und in seiner ausgeprägtesten Form wie in England und in Belgien etablierte, war der Antisemitismus weit weniger verbreitet als anderswo.

Der frühe moderne Antisemitismus (1880 bis 1900) war eine Reaktion von irregeführten Leuten, die die moderne Gesellschaft mit ihren guten als auch schlechten Seiten tief haßten und glühend an die Verschwörungstheorie der Geschichte glaubten. Man drängte die Juden in die Rolle eines Sündenbockes für das Auseinanderfallen der alten Gesellschaft (von der antisemitische Nostalgiker glaubten, sie sei geschlossener und geordneter gewesen, als sie es in Wirklichkeit war) und für alle Dinge, die als Störfaktor in der modernen Zeit empfunden wurden. Doch schon am Beginn standen die Antisemiten vor einem für sie schwierigen Problem: Wie beschreibt man diesen Sündenbock allgemein? Welchen gemeinsamen Nenner sollen der jüdische Musiker, Bankier, Handwerker und Bettler haben, insbesondere nach zumindest intern weitgehender Auflösung der religiösen Merkmale? Diese Frage beantwortete der moderne Antisemit mit seiner "Theorie" der jüdischen Rasse.

Im Gegensatz dazu waren die alte christliche und noch mehr die moslemische Opposition gegen den klassischen Judaismus bemerkenswert frei von Rassismus. Bis zu einem gewissen Ausmaß war dies zweifellos eine Folge des universellen Charakters des Christentums und des Islams sowie ihrer ursprünglichen Verbindungen zum Judaismus (der heilige Thomas Morus erteilte einer Frau wiederholt einen scharfen Verweis, die Einwände erhob, als man ihr sagte, daß die Jungfrau Maria jüdisch sei). Ein weitaus bedeutenderer Grund ist in meiner Sicht die soziale Rolle der Juden, die sie als integraler Bestandteil der oberen Klassen spielten. In vielen Ländern behandelte man die Juden als potentielle Adlige und ließ nach einem Glaubensübertritt eine Heirat mit dem höchsten Adel sofort zu. Der Adel in Kastilien oder in Aragon des 15. Jahrhunderts oder die Aristokratie in Polen des 18. Jahrhunderts, um nur zwei Fälle herauszunehmen, in denen die Heirat mit konvertierten Juden weit verbreitet war, würde wahrscheinlich kaum spanische Bauern oder polnische Leibeigene geheiratet haben, gleichgültig, wie hoch das Evangelium die Armen preist.

Gerade der moderne Mythos der jüdischen "Rasse" - der versteckte, aber angeblich dominierende Charakterzüge "der Juden" unabhängig von der Geschichte, der sozialen Rolle oder etwas anderem unterstellt - ist das formelle und bedeutendste Unterscheidungsmerkmal des modernen Antisemitismus. Dies erkannten schon einige Kirchenführer, als der moderne Antisemitismus als eine schon etwas stärkere Bewegung auftrat. Einige französische katholische Führer traten z.B. der neuen rassistischen Doktrin entgegen, die Edouard Drumont, der erste populäre moderne französische Antisemit und Autor des berüchtigten und weitverbreiteten Buches La France juive (1886), vertrat. Frühe moderne deutsche Antisemiten fanden ähnlichen Widerstand.

Es bleibt darauf hinzuweisen, daß einige wichtige Gruppen europäischer Konservativer sich bereitwillig des modernen Antisemitismus bedienten und ihn für eigene Zwecke benutzten. Desgleichen benutzten die Antisemiten die Konservativen bereitwillig bei jeder sich bietenden Gelegenheit, auch wenn beide Seiten sich im Grunde kaum ähnelten. "Die am härtesten [von der Feder des o.e. Drumont] betroffenen Opfer waren nicht die Rothschilds, sondern der Hochadel, der sie hofierte. Drumont sparte die königliche Familie ... oder die Bischöfe und schließlich den Papst nicht aus." Trotzdem griffen viele Teile des französischen Hochadels, der Bischöfe und der Konservativen in der Regel freudig auf Drumont und den Antisemitismus während der Dreyfus-Affäre zurück, um zu versuchen, das republikanische Regime zu Fall zu bringen.

Diese Art einer opportunistischen Allianz erschien häufiger in verschiedenen europäischen Ländern bis zur Niederlage des Nationalsozialismus. Der Haß der Konservativen auf den Radikalismus und insbesondere auf alle Formen des Sozialismus machte sie blind gegen die Natur ihrer politischen Bettgenossen. In vielen Fällen waren sie buchstäblich bereit, sich mit dem Teufel zu verbünden, und vergaßen das alte Sprichwort, daß man einen sehr langen Löffel braucht, um mit ihm zu speisen.

Der Erfolg des modernen Antisemitismus und der Allianz mit dem Konservatismus hing von mehreren Faktoren ab. Zunächst einmal ließ sich die ältere Tradition der christlichen Gegnerschaft gegen die Juden, die in vielen (wenn auch nicht in allen) europäischen Ländern existierte, vor den antisemitischen Karren spannen, wenn der Klerus sie unterstützte oder zumindest nichts gegen sie einzuwenden hatte. Wie der Klerus in den einzelnen Ländern reagierte, hing weitestgehend von den örtlichen historischen und sozialen Umständen ab. In der Katholischen Kirche gab es in Frankreich (aber nicht in Italien), in Polen und in der Slowakei (aber nicht in Böhmen) eine starke Tendenz zu einer opportunistischen Allianz mit dem Antisemitismus. Die griechisch-orthodoxe Kirche zeigte einen berüchtigten Hang zum Antisemitismus in Rumänien, nahm aber in Bulgarien die entgegengesetzte Haltung ein. Unter den protestantischen Kirchen war die deutsche in dieser Frage tief gespalten. Andere, wie die lettische und estnische Kirche, neigten mehr oder weniger zum Antisemitismus, während viele (z.B. die holländischen, schweizerischen oder skandinavischen Kirchen) zu den ersten zählten, die den Antisemitismus verurteilten.

Zum zweiten war der Antisemitismus ein typischer Ausdruck der Fremdenfeindlichkeit, des Wunsches nach einer "reinen" homogenen Gesellschaft. In vielen europäischen Ländern um das Jahr 1900 (und auch bis vor kurzem) war der Jude nahezu der einzige "Fremde". Dies gilt besonders für Deutschland. Die deutschen Rassisten am Beginn des 20. Jahrhunderts haßten und verachteten Schwarze genauso wie Juden, obwohl es damals keine Schwarzen in Deutschland gab. Haß konzentriert sich natürlich leichter auf den An- als den Abwesenden, und zwar besonders zu einer Zeit, als Reisen und Massentourismus noch nicht existierten und die meisten Europäer ihr eigenes Land in Friedenszeiten nie verließen.

Zum dritten war der Erfolg der zaghaften Allianz zwischen dem Konservatismus und dem Antisemitismus umgekehrt proportional zu Macht und Fähigkeiten seiner Gegner. Und die konsistenten und erfolgreichen Opponenten des Antisemitismus in Europa sind die politischen Kräfte des Liberalismus und Sozialismus, historisch gesehen dieselben Kräfte, die auf verschiedene Art und Weise die durch den holländischen Unabhängigkeitskrieg (1568 bis 1648), die Englische Revolution und die Große Französiche Revolution symbolisierte Tradition fortführen. Auf dem europäischen Kontinent ist das wichtigste Erkennungsmerkmal die Haltung zur der Großen Französischen Revolution. Grob gesagt: Diejenigen, die dafür sind, sind auch gegen den Antisemitismus, diejenigen, die sie mit Bedauern akzeptieren, sind am wenigsten anfällig für eine Allianz mit den Antisemiten, und solche, die sie hassen und ihre Auswirkungen rückgängig machen wollen, bilden das Milieu, aus dem der Antisemitismus stammt.

Trotzdem muß man zwischen den Konservativen und sogar Reaktionären auf der einen Seite und den tatsächlichen Rassisten und Antisemiten auf der anderen Seite scharf unterscheiden. Der moderne Rassismus (von dem der Antisemitismus nur ein Teil ist) wird von bestimmten sozialen Bedingungen zwar verursacht, erhält aber bei wachsender Stärke einen Schwung, den man aus meiner Sicht nur mit dem Wort "dämonisch" umschreiben kann. Einmal an die Macht gelangt, ist er aber m.E. auch während seiner Herrschaftszeit einer Analyse durch eine heutige Sozialtheorie oder eine Reihe reiner sozialer Beobachtungen nicht zugänglich. Dies gilt besonders für Theorien, die andere als rein "psychologische" (Klassen- oder Staats-) Interessen einer Gesamtheit berühren, die beim gegenwärtigen Stand menschlichen Wissens definiert werden können. Damit glaube ich aber nicht, daß solche Kräfte prinzipiell nicht erkennbar seien. Ganz im Gegenteil muß man hoffen, daß man auch sie bei zunehmendem menschlichen Wissen erkennen wird. Derzeit sind sie aber weder zu verstehen noch rational vorauszusagen. Und dies gilt für jeden Rassismus in allen Gesellschaften. Es ist eine Tatsache, daß keine politische Persönlichkeit oder Gruppe in einem Lande auch nur andeutungsweise das Grauen des Nationalsozialismus vorausgesagt hat. Nur Künstler und Dichter wie Heine besaßen die Fähigkeit, einen flüchtigen Blick auf das zu werfen, was die Zukunft auf Lager hat. Wir wissen nicht, wie sie es fertigbrachten. Außerdem lagen sie mit vielen anderen ihrer Ahnungen falsch.
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Israel Shahak:
(Online)
"Jüdische Religion, Jüdische Geschichte":
Inhaltsverzeichnis: 

A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?

B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen

C/ 12- Orthodoxie und Interpretation

D/ 23- Die Bürde der Geschichte

E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden

F/ 49- Politische Konsequenzen




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