Totalitäre Geschichte
Man muß vorausschicken, daß der Talmud und die talmudische Literatur - ganz abgesehen von den allgemeinen Andeutungen gegen Nichtjuden, die sich durch sie ziehen und ausführlich im Kapitel V ("V Gesetze gegen Nichtjuden") behandelt werden - einige sehr anstößige, besonders gegen das Christentum gerichtete Aussagen und Vorschriften enthalten. Neben einer Reihe von skurrilen, unbewiesenen Behauptungen über das Sexualleben von Jesus, schreibt z.B. der Talmud, daß seine Strafe in der Hölle darin bestehe, in kochende Exkremente eingetaucht zu werden. Diese Aussage zielt nicht gerade darauf ab, den Talmud bei frommen Christen beliebt zu machen. Man kann aber auch die Vorschrift zitieren, nach der die Juden angewiesen werden, jedes Exemplar des Neuen Testaments, das ihnen in die Hände fällt, möglichst öffentlich zu verbrennen. Diese Vorschrift ist zwar nicht mehr in Kraft, wird aber heute noch praktiziert, wie etwa am 23. März 1980, als Hunderte von Exemplaren des Neuen Testaments öffentlich und zeremoniell in Jerusalem unter der Schirmherrschaft von "Jad Le Achim", einer religiösen jüdischen und vom israelischen Religionsministerium unterstützten Organisation, verbrannt wurden. Jedenfalls setzten in vielen Punkten gut begründete Angriffe gegen den talmudischen Judaismus im Europa des 13. Jahrhunderts ein. Wir führen hier nicht die auf Unwissenheit beruhenden Verleumdungen an, wie die von geistig zurückgebliebenen Mönchen in kleinen Provinzstädten verbreitete Blutlüge, sondern die in den damals besten Universitäten Europas abgehaltenen und weitgehend unparteiisch geführten Disputationen, wie sie damals unter den Gegebenheiten des Mittelalters möglich waren. Was war nun die jüdische oder - besser gesagt: die rabbinische - Reaktion? Die einfachste Antwort bestand darin, daß man die alte Waffe der Bestechung herausholte und Beziehungen spielen ließ. In den meisten europäischen Ländern konnte man fast alles durch ein Schmiergeld regeln. Nirgendwo galt dieser Grundsatz mehr als im Rom der Renaissancepäpste. Die Erstausgabe des vollständigen Kodex des talmudischen Gesetzes, die Mischne Tora von Maimonides, angefüllt nicht nur mit den widerwärtigsten Vorschriften gegen alle Nichtjuden, sondern auch mit expliziten Angriffen gegen das Christentum und gegen Jesus (dessen Namen der Autor mit dem frommen Zusatz "möge der Name des Verruchten vergehen" versieht), wurde im Jahre 1480 von anstößigen Stellen ungereinigt in Rom unter Sixtus IV., eines politisch sehr aktiven Papstes, der sich dauernd in ernsten Geldnöten befand, veröffentlicht. (Einige Jahre zuvor wurde die ältere Ausgabe des Goldenen Esel von Apulejus, aus dem die heftigen Angriffe gegen das Christentum nicht beseitigt wurden, gleichfalls in Rom veröffentlicht.) Alexander VI. aus der Familie der Borgia war ebenfalls sehr liberal in dieser Hinsicht. Wie vorher gab es auch in dieser Zeit immer Länder, in denen zeitweilig eine Welle antitalmudischer Verfolgung ausbrach. Doch mit der Reformation und der Gegenreformation setzte ein weitreichender und folgerichtiger Ansturm ein, als sich eine höhere intellektuelle Ehrlichkeit und bessere Hebräischkenntnisse unter den christlichen Gelehrten verbreiteten. Vom 16. Jahrhundert an wurde die gesamte talmudische Literatur einschließlich des Talmuds in verschiedenen Ländern der Zensur unterworfen, in Rußland bis zum Jahre 1917. Während einige Zensoren, wie etwa in Holland, etwas laxer bei der Handhabung der Zensur vorgingen, verfuhren andere weitaus strenger und beseitigten oder änderten die anstößigen Passagen. Alle modernen wissenschaftlichen Untersuchungen über den Judaismus, insbesondere die von Juden stammenden, haben sich aus diesem Konflikt heraus entwickelt. Bis heute tragen sie noch die unverkennbaren Züge ihres Ursprungs: Betrug, Apolegetik oder feindliche Polemik, Gleichgültigkeit oder sogar aktive Feindschaft gegenüber der Suche nach Wahrheit. Von damals bis zum heutigen Tag sind deshalb alle sogenannten jüdischen Studien über den Judaismus als Polemiken gegen einen äußeren Feind und nicht als interne Debatte gedacht. Man muß wissen, daß dies anfänglich für die gesamte Geschichtsschreibung in allen bekannten Kulturkreisen kennzeichnend war (mit Ausnahme des antiken Griechenlands, wo die frühen liberalen Historiker später von den Sophisten wegen ihres mangelnden Patriotismus angegriffen wurden!). Dies gilt auch für die ersten katholischen und protestantischen Historiker, die gegeneinander polemisierten. Desgleichen sind die ersten nationalen Geschichtswerke in Europa mit gröbstem Nationalismus und mit Geringschätzung gegenüber anderen Nationen getränkt. Früher oder später kommt jedoch eine Zeit, in der man den Versuch macht, nationale oder religiöse Gegnerschaft zu verstehen und gleichzeitig tiefgreifende und wichtige Aspekte der eigenen Geschichte kritisch zu beleuchten. Diese beiden Entwicklungen laufen gleichzeitig ab. Nur wenn, wie es Pieter Geyl so gut ausgedrückt hat, die Geschichtsschreibung "eine Debatte ohne Ende" wird und keine Fortsetzung des Krieges mit historiographischen Mitteln bleibt, wird eine humane, nach Genauigkeit und Ausgewogenheit strebende Geschichtsschreibung möglich; sie wird dann zu einem der wirkungsvollsten Instrumente des Humanismus und der Selbsterziehung. Gerade aus diesem
Grunde schreiben die modernen totalitären Regimes die
Geschichte um oder bestrafen Historiker. Wenn eine ganze
Gesellschaft die Rückkehr zum Totalitarismus versucht,
wird totalitäre Geschichte geschrieben, und zwar
durchgesetzt nicht durch den Zwang von oben, sondern durch
den viel wirksamereren Druck von unten. Gerade dies geschah
in der jüdischen Geschichte und bildet das erste
Hindernis, das wir überwinden
müssen.
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Israel Shahak:
(Online)
"Jüdische Religion, Jüdische Geschichte":
Inhaltsverzeichnis:
A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?
- 2- Definition des Judenstaates
- 3- Die Ideologie vom "erlösten" Land
- 4- Israelischer Expansionismus
- 5- Ein geschlossenes Utopia?
B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen
- 7- Befreiung von außen
- 8- Hindernisse für das Verstehen
- 9- Totalitäre Geschichte
- 10- Verteidigungsmechanismen
- 11- Die Täuschung geht weiter
C/ 12- Orthodoxie und Interpretation
- 13- Interpretation der Bibel
- 14- Aufbau des Talmud
- 15- Die Dispensationen cc1-
- 16- Verzinsung cc2-
- 17- Das Sabbat-Jahr cc3-
- 18- Melken am Sabbat cc4-
- 19- Vermischte Feldfrüchte cc5-
- 20- Gesäuerte Substanzen cc6-
- 21- Der Sabbat-Goj
- 22- Soziale Aspekte der Dispensationen
D/ 23- Die Bürde der Geschichte
- 24- Grundzüge des klassischen Judaismusda1-
- 25- England, Frankreich und Italien da2-
- 26- Moslemische Länder da3-
- 27- Das christliche Spanien da4-
- 28- Polen
- 29- Antijüdische Verfolgungen
- 30- Der moderne Antisemitismus
- 31- Die zionistische Reaktion
- 32- Konfrontation mit der Vergangenheit
E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden
- 34- Mord und Völkermord
- 35- Rettung von Leben
- 36- Entheiligung des Sabbats zur Lebensrettung
- 37- Sexuelle Straftaten
- 38- Status
- 39- Geld und Eigentum ef1-
- 40- Geschenke ef2-
- 41- Zinsforderungen ef3-
- 42- Verlorenes Eigentum ef4-
- 43- Täuschung im Geschäftsleben ef5-
- 44- Betrug ef6-
- 45- Diebstahl und Raub
- 46- Nichtjuden im Land Israel
- 47- Schmähungen
- 48- Die Einstellungen zu Christentum und Islam
F/ 49- Politische Konsequenzen
- 50- Jerusalem und die Juden
- 51- Rezension von Benjamin Beit-Hallahmi
- 52- Leserbriefe
- 53- Ein Exzeß an Demagogie
- 54- Ein spanisches Beispiel
- 55- Israelischer Terrorismus
- 56- Die Halacha unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Mord
- 57- Wer ist Demokrat im Nahen Osten?
- 58- Scharons Imperium
- 59- Mord gemäß der Halacha
- 60- Das Gleichnis gilt
- 61- Gebete auf verworrenen Wegen
- 62- Das iranische Modell
- 63- Maskerade von ausgestopften Bälgern als menschliche Wesen
- 64- Beste Absicht?
- 65- Ist es noch dieselbe Arbeiterpartei?
- 66- eres' Unterstützung der Siedler
- 67- Woraus besteht eine Öffentlichkeit?
- 68- Organspenden von Nichtjuden
- 69- Der Weg zu absoluter Korruption
- 70- Ein Fall einer unreinen Adresse
- 71- Der Rassismus von Arthur Ruppin
- 72- Sehnsucht nach Wiedererrichtung des Königreichs Davids und Salomos
- 73- Was will Gott wirklich?
- 74- Gehirnwäsche
- 75- Wer darf aus den "Staatsländereien" Nutzen ziehen?
- 76- Wie die religiösen Fanatiker in Ägypten
- 77- Ein Chomeini-Staat
- 78- Das Schweigen der israelischen Juden
- 79- Vier Hauptmerkmale des Apartheid-Regimes
- 80- Professor Gabison irrt
- 81- Ein grober Bruch der militärischen Disziplin
- 82- Es kann hier geschehen
- 83- Der richtige Name ist "Genozid" und nicht "Sho'a"
- 84- Der Verrat der [israelischen] Medien und Intellektuellen
- 85- Sabra und Schatila Nr. 2
- 86- Die [zionistische] Arbeiterbewegung ist nicht sozialdemokratisch
- 97- "Diese Missetat soll euch nicht vergeben werden, bis ihr sterbet"
- 88- Die Ideen der Chabad-Bewegung sind noch verwerflicher als diejenigen von Kahane
- 89- Die "Grundsatzerklärung" erkennt nicht die Rechte der Palästinenser an
- 90- Nichtmoderater physischer Druck
- 91- Nur zum Nutzen der Juden
- 92- Ein Fall von Vorurteilslosigkeit aus dem 11. Jahrhundert
- 93- Das jüdische Religionsgesetz ist inhuman achwort von Edward W. Said
- 94- Die
Vita von Israel Shahak