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Israel Shahak:
Jüdische Religion,
Jüdische Geschichte
(Book online)
21


6. Der Sabbat-Goj


Die vielleicht höchstentwickelten Dispensationen betreffen den "Sabbat-Goj". Wie schon zuvor erwähnt, nahm der Umfang der am Sabbat verbotenen Arbeiten ständig zu, während gleichzeitig der Umfang an Arbeiten, die zur Befriedigung von Lebensbedürfnissen oder zur Erhöhung des Komforts ausgeführt oder überwacht werden müssen, ebenfalls ständig stieg. Während dies insbesondere für die moderne Zeit gilt, begann man das Bedürfnis nach technischer Veränderung schon lange vorher zu empfinden. Das Verbot des Mahlens an Sabbat war etwa im Palästina des 2. Jahrhunderts eine relativ einfache Angelegenheit für einen jüdischen Bauer oder Handwerker, der für häusliche Zwecke eine Handmühle benutzte. Es war allerdings eine andere Sache für den Betreiber einer Wasser- oder Windmühle, einem der häufigsten jüdischen Berufe in Osteuropa.

Doch selbst ein einfaches menschliches "Problem", wie der Wunsch, eine heiße Tasse Tee am Sonnabendnachmittag zu trinken, wird zu einer ernsthaften Schwierigkeit, wenn der regelmäßig an Werktagen benutzte Samowar verführerisch im Raume steht. Dies sind nur zwei Beispiele von einer Vielzahl sogenannter "Probleme bei der Einhaltung des Sabbats". Man kann mit Sicherheit sagen, daß die Schwierigkeiten bei einer Gemeinschaft, die ausschließlich aus orthodoxen Juden besteht, zumindest während der letzten acht oder zehn Jahrhunderte ohne die "Hilfe" von Nichtjuden fast unlösbar waren. Dies gilt noch mehr für die heutige Zeit im "jüdischen Staat", weil viele öffentliche Dienste wie die Wasser-, Gas- und Stromversorgung in diese Kategorie fallen. Nicht eine Woche könnte der klassische Judaismus ohne die Hilfe einiger Nichtjuden bestehen.

Ohne die besonderen Dispensationen bereitet es große Schwierigkeiten, Nichtjuden für diese Arbeiten am Sonnabend einzusetzen, denn die talmudischen Vorschriften verbieten es Juden, einen Nichtjuden zu bitten, am Sabbat eine Arbeit zu verrichten, die sie selbst nicht tun dürfen. Ich werde nun zwei Arten dieser für solche Zwecke benutzten Dispensationen beschreiben.

Zunächst einmal gibt es die Methode des "Andeutens", die auf der kasuistischen Logik beruht, nach der ein schlau formuliertes, sündiges Verlangen untadelig wird. In der Regel muß die Andeutung "dunkel", darf aber in Fällen extremer Dringlichkeit auch "klar" sein. So werden z.B. israelische Soldaten in einem kürzlich veröffentlichten Büchlein über die Befolgung religiöser Vorschriften belehrt, wie man mit von der Armee beschäftigten arabischen Arbeitern als Sabbat-Gojim spricht. In dringenden Fällen, wie wenn es etwa sehr kalt ist und ein Feuer entzündet werden muß oder man Licht für einen Gottesdienst braucht, kann ein jüdischer Soldat eine klare Andeutung benutzen und dem Araber sagen: "Es ist kalt oder dunkel hier". Normalerweise muß aber eine dunkle Andeutung genügen, wie z.B.: "Es wäre sehr schön, wenn es hier etwas wärmer wäre." Diese Methode des "Andeutens" ist insofern besonders abstoßend und entwürdigend, als sie in der Regel bei Nichtjuden verwendet wird, die infolge ihrer Armut oder niedrigen sozialen Stellung vollständig der Macht ihrer jüdischen Arbeitgeber ausgeliefert sind. Ein nichtjüdischer Diener (oder Angestellter der israelischen Armee), der sich selbst nicht in der Auslegung der "dunklen Andeutungen" als Befehle übt, wird mitleidslos entlassen.

Die zweite Methode verwendet man für Fälle, in denen es sich bei der Arbeit, die ein Nichtjude an einem Sonnabend verrichten soll, nicht um eine gelegentliche Aufgabe oder einen persönlichen, je nach Bedarf "anzudeutenden" Dienst, sondern um routine- oder regelmäßige Arbeit ohne dauernde jüdische Überwachung handelt. Nach dieser Methode, der sogenannten "impliziten Einbeziehung" (havlaah) des Sabbats in die Werktage, wird der Nichtjude "für die ganze Woche (oder das ganze Jahr)" angestellt, ohne daß der Sabbat besonders herausgestellt wird. In Wirklichkeit wird die Arbeit jedoch nur am Sabbat getan. Diese Methode benutzte man in der Vergangenheit, um Nichtjuden anzuwerben, die die Kerzen in der Synagoge nach dem Gebet am Samstagabend zu löschen hatten (damit sie nicht herunterbrannten, was eine Verschwendung bedeutete). Ein Beispiel aus dem modernen Israel ist die Regulierung der Wasserversorgung, die Überwachung von Wasserbecken an Sonnabenden.

Ähnlich geht man im Falle von Juden vor, jedoch zu einem anderen Zweck. Juden ist es verboten, eine Zahlung für am Sabbat verrichtete Arbeit entgegenzunehmen, auch wenn die Arbeit selbst erlaubt ist. Das hier angeführte wichtige Beispiel betrifft die geistlichen Berufe: den Rabbiner oder den talmudischen Gelehrten, der am Sabbat betet oder lehrt, den Vorsänger, der nur an Sonnabenden und anderen heiligen Tagen (an denen ähnliche Verbote gelten) singt sowie den Küster und ähnliche Berufsgruppen. In talmudischen Zeiten, und in einigen Ländern auch mehrere Jahrhunderte lang danach, wurden solche Arbeiten nicht bezahlt. Als aber später diese zu bezahlten Berufe wurden, benutzte man die Dispensation der "impliziten Einbeziehung" und stellte die entsprechenden Leute auf "Wochen-" oder "Jahresbasis" ein. Im Falle der Rabbiner und talmudischen Gelehrten brachte das Problem besondere Schwierigkeiten mit sich, da der Talmud ihnen verbietet, sogar an Werktagen eine Bezahlung für das Beten, das Lehren oder das Studium talmudischer Angelegenheiten entgegenzunehmen. Für diese Gruppen legt eine Dispensation fest, daß deren Gehalt überhaupt kein richtiges Gehalt, sondern eine "Vergütung für Müßiggang" (dmej batalah) ist. Das Ergebnis beider Funktionen ist eine Umwandlung in bezahlten Müßiggang an Werktagen für eine Arbeit, bei der es sich in Wirklichkeit um eine Vergütung für die hauptsächlich oder auch ausschließlich am Sabbat verrichtete Tätigkeit handelt.

 
Folgende Seite:
Soziale Aspekte der Dispensationen

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Israel Shahak:
(Online)
"Jüdische Religion, Jüdische Geschichte":
Inhaltsverzeichnis: 

A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?

B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen

C/ 12- Orthodoxie und Interpretation

D/ 23- Die Bürde der Geschichte

E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden

F/ 49- Politische Konsequenzen

 
 

"Wenn ich ein arabischer Führer wäre, würde ich nie einen Vertrag mit Israel unterschreiben. Es ist normal; wir haben ihr Land genommen. [...] Sie sehen nur eine Sache: Wir kamen und haben ihr Land gestohlen. Warum sollten sie das akzeptieren?"

- David Ben-Gurion, erster israelischer Premierminister

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