Soziale Aspekte der Dispensationen
Ein vorherrschender Zug dieses Systems der Dispensationen und des klassischen Judaismus, soweit er sich darauf gründet, ist die Täuschung, und zwar besonders die Täuschung Gottes, falls man dieses Wort für ein fiktives Wesen benutzen darf, das sich so leicht von den Rabbinern hintergehen läßt, die sich selbst für viel schlauer halten. Man kann sich keinen größeren Gegensatz zwischen dem Gott der Bibel (besonders dem der Großen Propheten) und dem Gott des klassischen Judaismus vorstellen. Letzterer hat mehr Ähnlichkeit mit dem Jupiter der früheren Römer, den seine Anbeter ähnlich beschwindelten, oder den in Frazers Golden Bough (Der Goldene Zweig) beschriebenen Göttern. Unter ethischem Gesichtspunkt stellt der Judaismus eine heute noch andauernde Entartung dar. Diese Degenerierung zu einem unzivilisierten Anhäufung leerer Rituale und magischen Aberglaubens zeitigt sehr wichtige soziale und politische Folgen. Man darf nicht vergessen, daß nicht die Teile der Bibel oder des Talmuds mit echtem religiösen und ethischen Wert, sondern gerade der Aberglaube des klassischen Judaismus die jüdischen Massen fest im Griff hält. (Dasselbe kann man auch in anderen Religionen beobachten, die jetzt wiederbelebt werden.) Was wird aber nun gemein hin als "heiligstes" erhabenstes Ereignis des jüdischen liturgischen Jahres betrachtet, dem sehr viele Juden beiwohnen, die sonst ihrer Religion fernstehen? Es ist das Gebet Kol Nidre am Vorabend des Jom Kippur, das Absingen einer besonders absurden und betrügerischen Dispensation, nach der alle privaten, vor Gott im folgenden Jahr zu schwörenden Eide schon im voraus für null und nichtig erklärt werden. Auf dem Gebiet der personalen Religion ist es das Gebet Kaddisch, das Söhne an den Trauertagen aufsagen, damit die Seelen ihrer Eltern ins Paradies gelangen. Zitiert wird dabei ein aramäischer Text, den die Mehrheit nicht versteht. Es fällt auf, daß man diese abergläubischen Teile der jüdischen Religion weitaus höher als deren besseren Teilen schätzt. Zusammen mit der Täuschung von Gott geht die Irreführung anderer Juden einher, und zwar hauptsächlich im Interesse der herrschenden jüdischen Klasse. Es ist bezeichnend, daß man keine Dispensationen für die besonderen Anliegen der jüdischen Armen zuließ. Juden, die z.B. am Verhungern, jedoch noch nicht dem Tode nahe waren, erlaubten die Rabbiner (die selbst selten hungerten) nicht, verbotene Nahrung zu sich zunehmen, und das, obwohl koschere Nahrung in der Regel sehr viel teurer ist. Der zweite vorherrsche Zug der Dispensationen besteht darin, daß sie sich zum größten Teil augenscheinlich auf das Streben nach Gewinn gründen. Gerade diese Kombination aus Heuchelei und Gewinnstreben erlangte einen immer stärkeren Einfluß auf das klassische Judentum. In Israel, wo dieser Prozeß noch andauert, spiegelt sich dies trotz aller offizieller durch das Bildungssystem und die Medien geförderten Gehirnwäsche nur schwach in der öffentlichen Meinung wider. Das religiöse Establishment, nämlich die Rabbiner und die religiösen Parteien und in gewissen Maße die orthodoxe Gemeinschaft als ganzes, sind in Israel sehr unpopulär, gerade weil ihnen der Ruf der Doppelzüngigkeit und Bestechlichkeit anhaftet. Natürlich ist die öffentliche Meinung (mit ihren möglicherweise häufigen Vorurteilen) nicht das gleiche wie eine soziale Analyse. In diesem besonderen Falle trifft es aber zu, daß das jüdische religiöse Establishment infolge des korrumpierenden Einflusses der orthodoxen jüdischen Religion eine starke Neigung zu Rechtsverdreherei und Schiebung aufweist. Weil im allgemeinen die Religion im sozialen Leben nur einer der sozialen Faktoren ist, hat sie auf die Masse der Gläubigen nicht annähernd den großen Einfluß wie auf die Rabbiner und die Führer der religiösen Parteien. Die in ihrer Mehrheit zweifellos aufrichtigen religiösen Juden in Israel sind nicht wegen, sondern trotz des Einflusses ihrer Religion und der Rabbiner ehrlich. Andererseits sind in den wenigen Bereichen des öffentlichen Lebens in Israel, welche die religiösen Zirkel vollständig beherrschen, Schiebung, Bestechlichkeit und Korruption notorisch und übertreffen weit das "durchschnittliche" Maß, das die allgemeine nichtreligiöse Gesellschaft in Israel toleriert. Im Kapitel IV ("IV Die Bürde der Geschichte") werden wir sehen, wie das im klassischen Judaismus vorherrschende Profitstreben mit der Struktur der jüdischen Gesellschaft und ihrer Ausprägung in der allgemeinen Gesellschaft, in deren Mitte die Juden in der "klassischen" Periode lebten, verknüpft ist. Hier möchte ich nur darauf hinweisen, daß das Gewinnstreben kein spezielles Merkmal des Judaismus in seiner gesamten Geschichte ist. Nur die platonische Konfusion, die nach dem metaphysischen zeitlosen "Wesen" des Judaismus sucht, statt die historischen Änderungen in der jüdischen Gesellschaft in Betracht zu ziehen, hat diese Tatsache verschleiert. (Und diese Konfusion wurde vom Zionismus in seiner Abhängigkeit von den "historischen Rechten", die in ahistorischer Weise aus der Bibel abgeleitet sind, stark gefördert.) Daher sagen die Apologeten des Judaismus unverblümt, daß die Bibel dem Gewinnstreben feindlich gegenübersteht und der Talmud eine gleichgültige Haltung einnimmt. Die Ursache hierfür liegt in den sehr verschiedenen sozialen Bedingungen, unter denen sie abgefaßt wurden. Wie schon oben gesagt, wurde der Talmud in zwei gut definierten Bereichen zu einer Zeit abgefaßt, als die dort lebenden Juden eine Gesellschaft bildeten, die sich auf die Landwirtschaft gründete und hauptsächlich aus Bauern bestand und sich somit in der Tat sehr stark von der Gesellschaft des klassischen Judaismus unterschied. Im Kapitel V ("V
Gesetze gegen Nichtjuden") behandeln wir ausführlich
die feindlichen Einstellungen und Betrügereien, die das
klassische Judentum gegen Nichtjuden hegt bzw. praktiziert.
Wichtiger als sozialer Faktor ist jedoch die vom
Gewinnstreben motivierte Täuschung, die alle reichen
Juden gegen ihre armen Mitjuden (wie die Dispensation
bezüglich des Zinses auf Kredite) ausüben. An
dieser Stelle muß ich trotz einer Ablehnung sowohl der
marxistischen Philosophie als auch seiner
Gesellschaftstheorie anmerken, daß Marx in seinen
beiden Artikeln über den Judaismus recht hatte, in
denen er ihn als vom Profitstreben beherrscht ansieht,
vorausgesetzt, diese Ansicht beschränkt sich auf den
ihm bekannten Judaismus, d.h. den klassischen Judaismus, der
in seiner Jugend schon in das Stadium der Auflösung
trat. Es stimmt, daß er dies willkürlich, ohne
Sinn für Geschichte und ohne Beweis schrieb.
Offensichtlich kam er intuitiv zu seiner
Schlußfolgerung, hatte aber mit seiner Eingebung in
diesem Falle und mit der entsprechenden historischen
Einschränkung recht.
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Israel Shahak:
(Online)
"Jüdische Religion, Jüdische Geschichte":
Inhaltsverzeichnis:
A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?
- 2- Definition des Judenstaates
- 3- Die Ideologie vom "erlösten" Land
- 4- Israelischer Expansionismus
- 5- Ein geschlossenes Utopia?
B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen
- 7- Befreiung von außen
- 8- Hindernisse für das Verstehen
- 9- Totalitäre Geschichte
- 10- Verteidigungsmechanismen
- 11- Die Täuschung geht weiter
C/ 12- Orthodoxie und Interpretation
- 13- Interpretation der Bibel
- 14- Aufbau des Talmud
- 15- Die Dispensationen cc1-
- 16- Verzinsung cc2-
- 17- Das Sabbat-Jahr cc3-
- 18- Melken am Sabbat cc4-
- 19- Vermischte Feldfrüchte cc5-
- 20- Gesäuerte Substanzen cc6-
- 21- Der Sabbat-Goj
- 22- Soziale Aspekte der Dispensationen
D/ 23- Die Bürde der Geschichte
- 24- Grundzüge des klassischen Judaismusda1-
- 25- England, Frankreich und Italien da2-
- 26- Moslemische Länder da3-
- 27- Das christliche Spanien da4-
- 28- Polen
- 29- Antijüdische Verfolgungen
- 30- Der moderne Antisemitismus
- 31- Die zionistische Reaktion
- 32- Konfrontation mit der Vergangenheit
E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden
- 34- Mord und Völkermord
- 35- Rettung von Leben
- 36- Entheiligung des Sabbats zur Lebensrettung
- 37- Sexuelle Straftaten
- 38- Status
- 39- Geld und Eigentum ef1-
- 40- Geschenke ef2-
- 41- Zinsforderungen ef3-
- 42- Verlorenes Eigentum ef4-
- 43- Täuschung im Geschäftsleben ef5-
- 44- Betrug ef6-
- 45- Diebstahl und Raub
- 46- Nichtjuden im Land Israel
- 47- Schmähungen
- 48- Die Einstellungen zu Christentum und Islam
F/ 49- Politische Konsequenzen
- 50- Jerusalem und die Juden
- 51- Rezension von Benjamin Beit-Hallahmi
- 52- Leserbriefe
- 53- Ein Exzeß an Demagogie
- 54- Ein spanisches Beispiel
- 55- Israelischer Terrorismus
- 56- Die Halacha unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Mord
- 57- Wer ist Demokrat im Nahen Osten?
- 58- Scharons Imperium
- 59- Mord gemäß der Halacha
- 60- Das Gleichnis gilt
- 61- Gebete auf verworrenen Wegen
- 62- Das iranische Modell
- 63- Maskerade von ausgestopften Bälgern als menschliche Wesen
- 64- Beste Absicht?
- 65- Ist es noch dieselbe Arbeiterpartei?
- 66- eres' Unterstützung der Siedler
- 67- Woraus besteht eine Öffentlichkeit?
- 68- Organspenden von Nichtjuden
- 69- Der Weg zu absoluter Korruption
- 70- Ein Fall einer unreinen Adresse
- 71- Der Rassismus von Arthur Ruppin
- 72- Sehnsucht nach Wiedererrichtung des Königreichs Davids und Salomos
- 73- Was will Gott wirklich?
- 74- Gehirnwäsche
- 75- Wer darf aus den "Staatsländereien" Nutzen ziehen?
- 76- Wie die religiösen Fanatiker in Ägypten
- 77- Ein Chomeini-Staat
- 78- Das Schweigen der israelischen Juden
- 79- Vier Hauptmerkmale des Apartheid-Regimes
- 80- Professor Gabison irrt
- 81- Ein grober Bruch der militärischen Disziplin
- 82- Es kann hier geschehen
- 83- Der richtige Name ist "Genozid" und nicht "Sho'a"
- 84- Der Verrat der [israelischen] Medien und Intellektuellen
- 85- Sabra und Schatila Nr. 2
- 86- Die [zionistische] Arbeiterbewegung ist nicht sozialdemokratisch
- 97- "Diese Missetat soll euch nicht vergeben werden, bis ihr sterbet"
- 88- Die Ideen der Chabad-Bewegung sind noch verwerflicher als diejenigen von Kahane
- 89- Die "Grundsatzerklärung" erkennt nicht die Rechte der Palästinenser an
- 90- Nichtmoderater physischer Druck
- 91- Nur zum Nutzen der Juden
- 92- Ein Fall von Vorurteilslosigkeit aus dem 11. Jahrhundert
- 93- Das jüdische Religionsgesetz ist inhuman achwort von Edward W. Said
- 94- Die
Vita von Israel Shahak