Befreiung von außen
Ohne auf Ignoranz oder Heuchelei beruhende Klischees verwenden zu wollen, sieht man, daß das Wort "Judentum" (und die Wörter gleichen Ursprungs) zwei verschiedene und sogar gegensätzliche soziale Gruppen beschreibt; wegen der derzeitigen israelischen Politik schwindet das Kontinuum zwischen beiden sehr schnell. Einerseits gibt es die traditionelle und oben behandelte totalitäre Bedeutung, andererseits aber auch Abstammungsjuden, die den von Karl Popper "Offene Gesellschaft" genannten Ideenkomplex nach innen verlagert haben. (Insbesondere in den USA gibt es aber auch solche, die diese Vorstellungen zwar nicht verinnerlicht haben, aber dennoch versuchen, damit hausieren zu gehen.) Man muß wissen, daß sämtliche angeblichen "jüdischen Charaktereigenschaften" (von unkundigen sogenannten Intellektuellen im Westen "den Juden" angedichtet) neue Merkmale sind, die während des größten Teils der jüdischen Geschichte unbekannt waren und erst hervortraten, als die Macht der totalitären jüdischen Gemeinde zu schwinden begann. Nehmen wir z.B. den bekannten jüdischen Humor. In der Vergangenheit war er nur während einiger kurzer Perioden in den Ländern anzutreffen, in denen die jüdische Oberklasse relativ wenig unter dem rabbinischen Joch zu leiden hatte, wie in Italien vom 14. bis zum 17. Jahrhundert oder im moslemischen Spanien. Vor dem 19. Jahrhundert ist dieser Humor in der hebräischen Literatur nicht nur selten zu finden, sondern Humor und Witze sind sogar durch die jüdische Religion strikt verboten, mit der bezeichnenden Ausnahme von Witzen über andere Religionen. Gegen die Rabbiner und die Führer der Gemeinde gerichtete Satire war nie Thema beim Judaismus, auch nicht in ganz geringem Maße wie beim lateinischen Christentum. Es gab keine jüdischen Komödien, wie auch die antiken Spartaner keine Komödien schrieben, und das aus ähnlichen Gründen. Oder nehmen wir die Liebe zum Lernen. Mit Ausnahme eines rein religiös motivierten Lernens, das sich selbst in einem minderwertigen und degenerierten Zustand befand, beherrschte die Juden in Europa (und in etwas geringerem Ausmaß auch in den arabischen Ländern) vor etwa 1780 tiefe Verachtung und tiefer Haß gegenüber allem Lernen (mit Ausnahme des Talmud und der jüdischen Mystik). Große Teile des Alten Testaments, die gesamte nichtliturgische hebräische Poesie und die meisten Bücher über jüdische Philosophie wurden nicht gelesen, sondern mit dem Bann belegt. Strikt verboten war das Studium der Sprachen, ebenso wie das der Mathematik und der Naturwissenschaften. Völlig unbekannt waren Geographie und Geschichte, besonders die jüdische Geschichte. Der kritische Verstand, dieser angeblich singuläre Charakterzug der Juden, war überhaupt nicht zu finden, und nichts war so verboten, so gefürchtet und deshalb so verfolgt, wie die geringste Neuerung oder die harmloseste Kritik. Es war eine in verachtenswertesten Aberglauben, Fanatismus und Unwissenheit abgeglittene Welt, eine Welt, in der sich das Vorwort zum ersten in hebräisch abgefaßten geographischen Werk (veröffentlicht 1803 in Rußland) darüber beklagte, daß viele bedeutende Rabbiner die Existenz des amerikanischen Kontinents deswegen leugneten, weil er "unmöglich" sei. Zwischen diesem jüdischen Milieu und dem, was der Westen oft als "typisch jüdisch" betrachtet, besteht mit Ausnahme des unrichtigen Adjektivs keine Gemeinsamkeit. Viele der heutigen
Juden hegt jedoch nostalgische Gefühle für dieses
Milieu, das verlorene Paradies und die komfortable
geschlossene Gesellschaft, aus der sie nicht so sehr
befreit, sondern mehr vertrieben wurden. Ein großer
Teil der zionistischen Bewegung wollte sie von jeher
restaurieren - und gerade dieser Teil hat die Oberhand
gewonnen. Viele der hinter der israelischen Politik
stehenden Motive, die die armen, verwirrten westlichen
"Freunde Israels" oft so verblüffen, lassen sich
erklären, sobald man sie schlicht und einfach als
Reaktion in der politischen Bedeutung dieses Wortes ansieht,
als eine auf Zwang beruhende und in vielerlei Hinsicht
einfallsreiche und deshalb illusorische Rückkehr zur
geschlossenen Gesellschaft der jüdischen
Vergangenheit.
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Israel Shahak:
(Online)
"Jüdische Religion, Jüdische Geschichte":
Inhaltsverzeichnis:
A/ 1- Israel - ein Utopia für Auserwählte?
- 2- Definition des Judenstaates
- 3- Die Ideologie vom "erlösten" Land
- 4- Israelischer Expansionismus
- 5- Ein geschlossenes Utopia?
B/ 6- Vorurteile und Verfälschungen
- 7- Befreiung von außen
- 8- Hindernisse für das Verstehen
- 9- Totalitäre Geschichte
- 10- Verteidigungsmechanismen
- 11- Die Täuschung geht weiter
C/ 12- Orthodoxie und Interpretation
- 13- Interpretation der Bibel
- 14- Aufbau des Talmud
- 15- Die Dispensationen cc1-
- 16- Verzinsung cc2-
- 17- Das Sabbat-Jahr cc3-
- 18- Melken am Sabbat cc4-
- 19- Vermischte Feldfrüchte cc5-
- 20- Gesäuerte Substanzen cc6-
- 21- Der Sabbat-Goj
- 22- Soziale Aspekte der Dispensationen
D/ 23- Die Bürde der Geschichte
- 24- Grundzüge des klassischen Judaismusda1-
- 25- England, Frankreich und Italien da2-
- 26- Moslemische Länder da3-
- 27- Das christliche Spanien da4-
- 28- Polen
- 29- Antijüdische Verfolgungen
- 30- Der moderne Antisemitismus
- 31- Die zionistische Reaktion
- 32- Konfrontation mit der Vergangenheit
E/ 33- Gesetze gegen Nichtjuden
- 34- Mord und Völkermord
- 35- Rettung von Leben
- 36- Entheiligung des Sabbats zur Lebensrettung
- 37- Sexuelle Straftaten
- 38- Status
- 39- Geld und Eigentum ef1-
- 40- Geschenke ef2-
- 41- Zinsforderungen ef3-
- 42- Verlorenes Eigentum ef4-
- 43- Täuschung im Geschäftsleben ef5-
- 44- Betrug ef6-
- 45- Diebstahl und Raub
- 46- Nichtjuden im Land Israel
- 47- Schmähungen
- 48- Die Einstellungen zu Christentum und Islam
F/ 49- Politische Konsequenzen
- 50- Jerusalem und die Juden
- 51- Rezension von Benjamin Beit-Hallahmi
- 52- Leserbriefe
- 53- Ein Exzeß an Demagogie
- 54- Ein spanisches Beispiel
- 55- Israelischer Terrorismus
- 56- Die Halacha unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Mord
- 57- Wer ist Demokrat im Nahen Osten?
- 58- Scharons Imperium
- 59- Mord gemäß der Halacha
- 60- Das Gleichnis gilt
- 61- Gebete auf verworrenen Wegen
- 62- Das iranische Modell
- 63- Maskerade von ausgestopften Bälgern als menschliche Wesen
- 64- Beste Absicht?
- 65- Ist es noch dieselbe Arbeiterpartei?
- 66- eres' Unterstützung der Siedler
- 67- Woraus besteht eine Öffentlichkeit?
- 68- Organspenden von Nichtjuden
- 69- Der Weg zu absoluter Korruption
- 70- Ein Fall einer unreinen Adresse
- 71- Der Rassismus von Arthur Ruppin
- 72- Sehnsucht nach Wiedererrichtung des Königreichs Davids und Salomos
- 73- Was will Gott wirklich?
- 74- Gehirnwäsche
- 75- Wer darf aus den "Staatsländereien" Nutzen ziehen?
- 76- Wie die religiösen Fanatiker in Ägypten
- 77- Ein Chomeini-Staat
- 78- Das Schweigen der israelischen Juden
- 79- Vier Hauptmerkmale des Apartheid-Regimes
- 80- Professor Gabison irrt
- 81- Ein grober Bruch der militärischen Disziplin
- 82- Es kann hier geschehen
- 83- Der richtige Name ist "Genozid" und nicht "Sho'a"
- 84- Der Verrat der [israelischen] Medien und Intellektuellen
- 85- Sabra und Schatila Nr. 2
- 86- Die [zionistische] Arbeiterbewegung ist nicht sozialdemokratisch
- 97- "Diese Missetat soll euch nicht vergeben werden, bis ihr sterbet"
- 88- Die Ideen der Chabad-Bewegung sind noch verwerflicher als diejenigen von Kahane
- 89- Die "Grundsatzerklärung" erkennt nicht die Rechte der Palästinenser an
- 90- Nichtmoderater physischer Druck
- 91- Nur zum Nutzen der Juden
- 92- Ein Fall von Vorurteilslosigkeit aus dem 11. Jahrhundert
- 93- Das jüdische Religionsgesetz ist inhuman achwort von Edward W. Said
- 94- Die
Vita von Israel Shahak