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Der
biblische Mythos von Palästina
Man hämmert uns unermüdlich ein,
mit der Errichtung des Judenstaates Israel seien
die Juden in ihre alte Heimat zurückgekehrt
- nach zweitausendjähriger Zerstreuung
unter fremden Völkern in fremden
Ländern überall auf der Welt. Stimmt
diese Geschichte denn nun eigentlich? War der
1948 auf palästinensischem Boden errichtete
Judenstaat Israel wirklich das Land, wo die
Juden ursprünglich gelebt hatten?
Nein, dies ist ein geschichtlicher Mythos,
eine weitgehende grobe Verfälschung
historischer Tatsachen. Die Juden gehen auf den
Stamm Juda zurück, einen der zwölf
Stämme Israels, dessen Ahnherr einer der
zwölf Söhne Jakobs war, Juda, wie aus
dem Alten Testament hervorgeht. Natürlich
ist dieses kein sicheres historisches Dokument
und keine zuverlässige Quelle. Die
Schilderungen der Bibel widersprechen sich in
vielen Punkten.
Die Wissenschaft kann lediglich konstatieren,
dass es keinen einzigen zeitgenössischen
ausserbiblischen Hinweis auf Abraham, Isaak,
Jakob und seine zwölf Söhne oder Moses
gibt. Kein einziges historisches Dokument
erhärtet die Geschichte, dass die
Hebräer oder Israeliten als Sklaven im
Ägypterland schmachteten, durch die sieben
Plagen Pharaos aus dieser Sklaverei errettet
wurden, alle Erstgeborenen Ägyptens
töteten, die Kostbarkeiten Ägyptens
plünderten und darauf durch die Wüste
ins gelobte Land zogen, wie es im 2. Buch Mose
geschildert wird.
Auch die jüdischen Könige David und
Salomon erscheinen in zeitgenössischen
Quellen der zahlreichen Nachbarländer
nirgends, obgleich es dort im 9. vorchristlichen
Jahrhundert eine reguläre
Geschichtsschreibung gab. Zu jenem Zeitpunkt, wo
Salomon nach der Bibel ein mächtiges
Imperium im Nahen Osten begründete, haben
keine Zeitgenossen, nicht einmal die
Phönizier, das nördliche Nachbarvolk,
diese Entwicklung bemerkt.
Obgleich die Bibel doch immerhin berichtet,
der Phönizierkönig Hiram habe
Architekten und Baumeister ausgesandt, um
Salomons Tempel zu errichten, und obgleich doch
der gleiche phönizische Herrscher Salomons
Flotte baute und in Esjon-Geber lenkte, unweit
dem heutigen Eilat beim Golf von Akaba (l.
Könige 5:l. Könige 9:26-28.)
Über die Herkunft der Juden heisst es im
16. Kapitel Hesekiel, Vers 3:
So spricht Gott der Herr zu Jerusalem: Nach
Geschlecht und Geburt bist du aus dem Lande der
Kanaaniter, dein Vater war ein Amoriter, eine
Mutter eine Hetiterin. All dies stimmt ja hinten
und vorne nicht mit den Geschichten aus den
Mosesbüchern überein, denen zufolge
die Juden von Abraham, Isaak und Jakob
herstammen, ihren Ursprung von Jakobs oder
Israels Sohn Judah herleiten und im
Ägypterlande in der Sklaverei darbten,
worauf sie von dort unter der Führung Moses
und Josuas ins gelobte Land Kanaan zogen, die
einheimischen Kanaaniter ausrotteten oder
verjagten und so weiter.
Nach der üblichen jüdischen
Auffassung ist Abraham Stammvater der Juden.
Doch er kam aus Ur in Chaldäa, dem heutigen
Irak, nicht weit vom Persischen Golf, und dort
herrschten die Sumerer, die kein semitisches
Volk waren und keine semitische Sprache redeten.
Dieser Abraham erhielt einen Befehl vom Herrn,
sich in ein Land zu begeben, das er ihm zeigen
würde, und vesprach ihm in einem heiligen
Bunde, seine Nachkommen würden ein grosses
Volk werden und über ein Gebiet herrschen,
das sich vom Nil bis zum Euphrat erstreckte, ein
Land, in dem bereits zehn verschiedene
Völker lebten. (1. Buch Mose 15:18-21)
Abrahams Ehe mit Sarah war kinderlos
geblieben. Hingegen hatte er mit der Magd Hagar
einen Sohn namens Ismael gezeugt. Abraham
zählte schon stolze 99 Jahre, und die
Aussicht auf erneuten Nachwuchs war eher gering.
Doch der Herr versprach ihm, dass die bisher
unfruchtbare Sarah (der Name bedeutet
"Fürstin") ihm einen Sohn schenken werde.
Ich will sie segnen, und Völker sollen aus
ihr werden und Könige über viele
Völker. (l. Buch Mose 17:16) Und Sarah ward
schwanger.
Doch war der Vater tatsächlich der
99jährige Abraham? In der Bibel heisst es:
Der Herr sucht Sara heim, wie er gesagt hatte,
und tat an ihr, wie er geredet hatte. Und Sara
ward schwanger und gebar dem Abraham einen Sohn
um die Zeit, von der Gott zu ihm geredet hatte
... Hundert Jahre war Abraham alt, als ihm sein
Sohn Isaak geboren wurde. Und Sara sprach: Gott
hat mir ein Lachen zugerichtet, denn wer es
hören wird, der wird Über mich lachen.
(1. Buch Mose 21: l-2 und 5-6)
Aus dieser Schilderung ist klar ersichtlich,
dass der Herr Isaaks biologischer Vater war und
nicht etwa der hundertjährige Abraham.
Unter diesen Umständen kann man die
jüdische Vorstellung besser verstehen, dass
der Herr einen besonderen Bund mit dem Judenvolk
schloss und es zu seinem Volke auserkor (2. Buch
Mose 19:5-6).
Ein Eckstein des jüdischen Bibelglaubens
liegt darin, dass die Juden sich als das von
Gott auserwählte Volk betrachten, dem er
ein mächtiges, vom Nil bis zum Euphrat
reichendes Land versprochen hat. Nun war dieses
Land aber schon von anderen Völkern
besiedelt, und Gott fordert die Juden aus, diese
zu verjagen, zu vernichten oder zu
versklaven:
Ich will meinen Schrecken von dir her senden
und alle Völker verzagt machen, wohin du
kommst, und will geben, dass alle deine Feinde
vor dir fliehen. Ich will Angst und Schrecken
vor dir her senden, die vor dir her vertreiben
die Hewiter, Kanaaniter und Hetiter. Aber ich
will sie nicht in einem Jahr ausstossen vor dir,
auf dass nicht das Land wüst werde und sich
die wilden Tiere wider dich mehren. Einzeln
nacheinander will ich sie vor dir her
ausstossen, bis du zahlreich bist und das Land
besitzt.
Und ich will deine Grenze festsetzen von dem
Schilfmeer bis an das Philistermeer und von der
Wüste bis an den Euphratstrom. Denn ich
will dir in deine Hand geben die Bewohner des
Landes, dass du sie ausstossen sollst vor dir
her. (2. Moses 23: 27-31)
Für die Palästinenser muss eine
solche Passage beklemmend wirken, haben sie doch
die Auswirkungen des jüdischen
Bibelglaubens am eigenen Leib erfahren, nachdem
die Zionisten Palästina unterworfen und den
expansionslüsternen Judenstaat Israel
gegründet haben. Man beachte: auf diesem
Bibelglauben beruht der Staat Israel! Ohne die
Judenbibel kein Israel! Haben die Mythen und
Legenden der Bibel aber irgendeine ethisch
bindende Kraft oder sind sie
völkerrechtlich verbind-lich?
Natürlich nicht!
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