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"International Jewry is a power after all"
Chaim Weizmann, President of the World Zionist Organization, and first President of the State of Israel.
(photo source)
According to the January 16, 1920 edition of the Judische Rundschau (Jewish Review) a Zionist newspaper published in Berlin: During a speech in Jerusalem in December 1919, Chaim Weizmann, who months later would become president of the (World) Zionist Organization, stated the following:
Lloyd George once said: I know the Palestinian front much better than I know the French front, for every patch of land and every stream is familiar to me from the Bible. Palestine is, above all, a matter of the Bible for England. The English believe in the Bible more than many groups in Jewry. Thus, first came the idealistic grounds [for the decision to issue the Balfour Declaration], and only afterwards the material. We are the ones who have made clear to the English political leadership that it was in England's interest to join with us, to spread the British protectorate over Palestine. We reached the [Balfour] Declaration not by miracles, but through persistent propaganda, through unceasing demonstration of the life force of our people. We told the responsible authorities: We will establish ourselves in Palestine whether you like it or not. You can hasten our arrival or you can equally retard it. It is however better for you to help us so as to avoid our constructive powers being turned into a destructive power which will overthrow the world.
We demand neither a charter nor concessions, but rather a complete national edifice that meets the following preconditions: the right to acquisition of ownerless land, the facilitation of land acquisition in general, the prerogative of developing public works, complete autonomy in the spiritual and intellectual sphere, and last not least, a direct influence upon the English administration in the territory. The regulation of immigration by us is, for us, likewise an unconditional demand.
— Judische Rundschau, January 16, 1920 (No. 4).
Original text of the article:
Eine große Rede Weizmanns in Jerusalem Vor der Abreise aus Palästina
Spezialbericht der „Jüdischen Rundschau“.
Am ersten Chanukkahabend sprach Prof. Weiz-mann vor seiner Abreise aus Palästina in einer öffent-lichen Versammlung in Jerusalem.
Er begann mit einem Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte des Zionismus. Der Judenstaatsbegriff Herzls war im Laufe der Zeiten vielfach und verschiedentlich kommentiert und blieb trotzdem unklar. Selbst das Basler Programm war nicht eindeutig genug. Was heißt eine „öffentlich-rechtlich gesicherte Heimstätte?“ Wir wollten uns gar nicht mehr in die Deutung dieses Begriffes vertiefen, wir benutzen ihn als Schlagwort, als Parole, deren Deutung wir den kommenden Tagen überließen. Ja, manchmal wünschten wir geradezu in gewisser Entfernung von diesem erhabenen, aber nebelhaften Ziel zu bleiben, und stemmten uns gegen praktische Verwirk-lichungarbeit in Palästina. So irrte das Basler Programm gespenstartig von Kongreß zu Kongreß. Am vierten Kongreß versuchte Herzl selber, der abstrakten Parole Blut und Fleisch zu verleihen. Auf die Frage, was wollen wir, antwortete er: einen Charter. Seitdem wurde das Wort „Charter“ zum neuen Schlagwort, bis endlich am sechsten Kongresse die Krise ausbrach, als Herzl erklärte, wir „stehen vor einer eisernen Wand“. Es kam Uganda und daraufhin kehrten wir zur praktischen Arbeit in Palästina zurück. Professor Weiz-mann verweilte bei einer Episode, die von historischer Tragweite geworden ist. Es handelt sich um ein Gespräch zwischen Weizmann und Balfour zur Zeit des Ugandastreites. Balfour verstand nicht, warum die russischen Juden so gegen den englischen Vorschlag verbittert sind. In langen Auseinandersetzungen hat Weizmann versucht, den Standpunkt der russischen Zionisten plausibel zu machen und dieses Gespräch wurde die Brücke zu den politischen Verhandlungen während des Krieges, die zur heutigen Konstellation geführt haben.
Professor Weizmann betonte, daß die Schönheit des Ideals der jüdischen Renaissance das Entscheidende für die englische Deklaration war. Es sei eine irrtümliche Auffassung, daß England uns den Vorschlag nur aus eigenem Interesse heraus machte. Lloyd George sagte einmal: Ich kenne die Palästinafront viel genauer als die französische, denn jeder Flecken und jeder Bach ist mir aus der Bibel vertraut. Palästina ist für England vor allen Dingen ein Gegenstand der Bibel. Die Engländer glauben an die Bibel noch mehr als manche Schichten im Judentum. Zuerst kamen also die ideellen Gründe, nachher kamen die materiellen hinzu. Wir sind es, die den englischen politischen Führern klargemacht haben, daß es im Interesse Englands ist, sich mit uns zu vermählen, die Fittiche des britischen Adlers über Palästina auszubreiten. Wir erreichten die Deklaration nicht durch Wundertaten, sondern durch beharrliche Propaganda, durch unaufhörliche Beweise von der Lebenskraft unseres Volkes. Wir sagten den maßgebenden Persönlichkeiten: Wir werden in Palästina sein, ob Ihr es wollt oder es nicht wollt. Ihr könnt unser Kommen beschleunigen oder verzögern, es ist aber für Euch besser, uns mitzuhelfen, denn sonst wird sich unsere aufbauende Kraft in eine zerstörende verwandeln, die die ganze Welt in Gärung bringen wird.
Wir verlangten nicht einen Charter und nicht Konzessionen, sondern ein ganzes nationales Gebäude, das folgende Vorbedingungen hat: Das Recht auf Erwerb von herrenlosem Boden, die Erleichterung des Bodenerwerbs überhaupt, ein Vorrecht bei öffentlichen Arbeiten, eine vollständige Selbstverwaltung auf geistigem Gebiete und last not least [English in original] einen direkten Einfluß auf die englische Behörde im Lande. Die Regulierung der Einwanderung durch uns ist für uns ebenfalls eine unbedingte Forderung.
Es muß aber vor einer überstürzten Einwanderung gewarnt werden. Mit Wehmut müssen wir der Tatsache ins Auge sehen, daß der Zionismus nicht ein Heilmittel gegen Katastrophen ist. Als wir vor der Friedenskonferenz von einer Einwanderung Zehntausender jährlich sprachen, war es hochgegriffen. Nicht, weil es unmöglich ist; das Land könnte diese Zahl wohl auf-nehmen, aber bei uns sind die gewaltigen aufbauenden Kräfte, die dafür nötig sind, heutzutage nicht da. Vielleicht werden wir nach zehn Jahren mehr leisten können. Zur Verzweiflung aber liegt kein Anlaß vor, denn die Hauptsache ist, wir sind nicht vom Wege abgewichen, im Gegenteil, wir gehen langsam aber sicher vorwärts. Der hie und da auftauchende Pessimismus ist eine Folge der maßlosen Sensationen, die wie immer im Zionismus (erinnern wir uns an das Gespräch Herzls mit Wilhelm II), so auch jetzt die Phantasie der jüdischen Massen erhitzen. Wir müssen demgegenüber immerzu darauf hinweisen, daß die englische Deklaration eine Schale ist, deren Kern von uns geschaffen werden muß. Wenn wir das tun, werden wir am Ende finden, daß unsere Taten die richtige Deutung des Basler Programms sind.
Der Redner wandte sich am Schluß der arabischen Frage zu. Er warnte vor der schädlichen und falschen Auffassung, wir könnten unser Gemeinwesen über den Arabern bauen. Wir können unser historisches Recht auf das Land nur neben der arabischen Bevölkerung verwirklichen. Durch gemeinsame Arbeit werden wir sie hoffentlich zum Verständnis dafür gewinnen,daß wir hierher nicht als preußische Junker, sondern als Menschen kommen, die einem heiligen nationalen Ideal folgen, denen das Recht und die Gerechtig-keit als oberste Richtlinien gelten.
Die Rede Weizmanns wurde mit stürmischen Ovationen begleitet. Der Vorsitzende der Versammlung, David Yellin, und Ussischkin sprachen im Namen des Jischubs den Wunsch aus, Weizmann möge es vergönnt sein, schon in wenigen Monaten nach Pa- lästina zurückzukommen, mit der Freiheitsrolle in der Hand.
— Judische Rundschau, January 16, 1920 (No. 4).
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